10-03-2012 – T. Brück (PIRATENPARTEI SAARLAND): “Von den Berliner Piraten lernen“

Parteiencheck im Saarland vor der Wahl: Andere-Parteien.de hat mit Thomas Brück, dem Pressesprecher und stellvertretenden Vorsitzenden der Piratenpartei im Saarland gesprochen. Im Interview erklärt er die Strategie der Piraten im Saarland und erklärt, warum die Berliner Kollegen ein Vorbild für den jungen Landesverband sein können.

Andere-Parteien.de: Die Neuwahl kam recht plötzlich. Wie sehr überraschte dies Ihre eigentlichen Planungen?

Thomas Brück: Unsere Planung war auf die Bundestagswahl 2013 ausgerichtet und bis dahin wollten wir uns mit dem Ausbau der Infrastruktur (Gründung von Kreisverbänden) und der Erweiterung unserer Programmatik beschäftigen. Das machen wir nun parallel zum Wahlkampf, was eine zusätzliche Belastung bedeutet.

Thomas Brück

Thomas Brück

Andere-Parteien.de: Ganz Deutschland schaut nun auf einen möglichen Einzug der Piratenpartei im Saarland. Spüren Sie einen besonderen Druck?

Brück: Offensichtlich erwarten viele Menschen von uns Lösungen, die die etablierten Parteien seit Jahrzehnten schuldig geblieben sind. Teilweise ist es den Menschen schwer zu vermitteln, dass wir uns eigentlich strukturiert und gewissenhaft an die politischen Herausforderungen herantasten wollen. Die Lösungen der Probleme liegen eben nicht in Schubladen, wo man sie nur herausnehmen bräuchte. Wir würden uns wünschen, dass man uns die notwendige Zeit lässt, gute Politik zu gestalten. Das ist schon ein enormer Druck.

Da nun die Große Koalition unabwendbar zu sein scheint und vielen Menschen augenscheinlich nicht bewusst ist, welche Macht man dem zukünftigen Regierungsduo aus CDU und SPD zugesteht, können die Saarpiraten womöglich im Landtag nur eine Statistenrolle übernehmen. Wir wollen aber zumindest der Regierung ganz genau auf die Finger schauen und die Saarländer daran teilhaben lassen. Ob gute Ideen unsererseits auf Gegenliebe stoßen werden, ist anzuzweifeln.

Andere-Parteien.de: Kann die Partei etwas von den Berliner Kollegen im Wahlkampf lernen?

Brück: Definitiv kann man von den Berlinern lernen, deren gemachte Fehler als Neulinge in einem Parlament zu vermeiden. Es wäre unsinnig, nicht auf deren Erfahrungswerte zurückgreifen zu wollen.

Andere-Parteien.de: Das Saarland ist traditionell ein gutes Pflaster für Kleinparteien. Welche taktischen Überlegungen spielt dies in Ihrem Wahlkampf?

Brück: Das sehe ich völlig anders. Nach den jetzt bekannten Umfrageergebnissen hat sich die Situation für Kleinparteien ziemlich verschlechtert. Selbst Bündnis 90 /Die Grünen und die FDP müssen um den Einzug ins Parlament bangen. Für Taktik besteht leider keine Zeit mehr. Wir sind Meister der Improvisation und haben viele Enthusiasten an Bord, sodass wir trotzdem zuversichtlich sind, als sogenannte Kleinpartei ausreichend Wähler für uns mobilisieren zu können. Ehrlichkeit und Offenheit sind für uns Faktoren, die bei der Bevölkerung sicher auf Zustimmung stoßen werden und nachweislich bei den etablierten Parteien als nicht immer so wichtig erachtet werden.

Andere-Parteien.de: Haben Sie auch mit Vertretern von anderen Kleinparteien Kontakt gehabt?

Brück: Sicher. Oftmals sind deutliche Gemeinsamkeiten zu entdecken. Unser wesentliches Alleinstellungsmerkmal ist zweifelsohne die praktizierte Basisdemokratie.

Andere-Parteien.de: Inwiefern kann die Bundespartei Ihnen im Wahlkampf helfen?

Brück: Alle Landesverbände sowie die Bundespartei unterstützen die Saarpiraten. Die Pfälzer- Piraten, aber auch von weit angereiste Piraten, haben maßgeblich bei der Plakatierung mitgeholfen. Der Kaperbrief, unsere Wahlkampfzeitschrift, wurde nach unseren Vorgaben in Berlin erstellt und gedruckt. Andere Landesverbände haben uns auch finanziell unterstützt. Da herrscht große Solidarität, die wir auch wieder zurück geben werden.

Andere-Parteien.de: Mit welchen landespolitischen Themen können Sie punkten?

Brück: Das Desaster um den 4. Pavillon mit der nachgewiesenen Korruption und der katastrophalen Fehlplanung wäre durch transparente und bürgernahe Piratenpolitik nicht möglich gewesen. Bei den anstehenden Projekten wie „Stadtmitte am Fluss“, „Nordsaarlandstraße“ oder „Stadionneubau“ kann der Politikstil der Piraten solche Misswirtschaft verhindern. Die Schuldenbremse soll eingehalten werden, aber dafür darf nicht in Bildung und Sozialem eingespart werden. Hier muss ein schlüssiges Konzept erarbeitet werden, was den Menschen auch vermittelbar sein muss. Ab dem 12. März wird es ein umfassendes Wahlprogramm der Saarpiraten geben.

Andere-Parteien.de: In Berlin wurde kritisiert, dass zu wenige Frauen in der Führungsriege integriert seien. Wie schaut dies im Saarland aus?

Brück: Da bereits seit zwei Jahren Jasmin Maurer Landesvorsitzende ist, erübrigt sich eigentlich jede weitere Debatte. Da kann derzeit nur die CDU im Saarland nachziehen, wenngleich Annegret Kramp- Karrenbauer erst im letzten Jahr das Führungsamt in der Saar- Union übernommen hat. Auch im neuen Kreisvorstand von Saarbrücken sind zwei Frauen mit von der Partie. Im Übrigen halten wir die Genderdebatte für nicht mehr zeitgemäß. Wir unterscheiden schlicht nicht nach Geschlecht.

Andere-Parteien.de: Im Moment deutet alles auf eine nahende große Koalition hin. Kann die Piratenpartei sich hierbei als mögliche Alternative positionieren?

Brück: Wie bereits erwähnt, haben sich offensichtlich die Saarländer mit einer Großen Koalition abgefunden. Im Saarland wird demzufolge auch ein richtiger Kuschelwahlkampf der beiden Spitzenparteien geführt. Selbstverständlich ist die Piratenpartei dazu eine Alternative, wenn nicht sogar die einzig verbliebene, um in den kommenden 5 Jahren die Regierung kontrollieren zu können und die Bürger daran teilhaben zu lassen.

Andere-Parteien.de: Gerade im Bereich Internet sind bisher andere Ballungsräume führend. Wie kann man auch das Saarland zu einem attraktiven Internetstandort entwickeln, gerade auch für Unternehmen?

Brück: Lächerlich finde ich, dass ausgerechnet die großen Parteien nach 2009 erneut mit dem Breitbandausbau Wahlkampf betreiben. Sie haben ihre Versprechen damals nicht eingelöst und werden es auch jetzt nicht tun. Es liegt gar nicht im Interesse der CDU, das Internet und dessen Nutzung zu fördern, wenn man bürgerfeindliche Kontrollmechanismen unterstützen und etablieren will. Dazu zählen Kontrollszenarien wie ACTA, Indect, SOPA und natürlich die Vorratsdatenspeicherung. Letztes wird auch von der SPD im Geheimen unterstützt, wenngleich man es der Öffentlichkeit anders vermittelt.

Technisch und bürokratisch sind im Saarland viele Hürden zu überwinden, um einen Breitbandausbau schnell und zielstrebig vorantreiben zu können. Hier könnte man mit Innovation vieles erreichen und die Piraten haben sich dies auch als Ziel erklärt.

Andere-Parteien.de: Wie können Sie die Medienaufmerksamkeit in Ihrem bisherigen Wahlkampf beschreiben?

Brück: Das kann ich wohl am besten von allen Saarpiraten beurteilen. Das Medieninteresse ist riesig, wohl weil wir etwas neues, unbekanntes, womöglich für mache exotisches auf der Politikbühne darstellen. Da reisten eigens Journalisten vom Spiegel, der Financial Times und viele weitere aus Berlin und Hamburg an, um beispielsweise an unserer bescheidenen Infoveranstaltung „Pirates on Tour“ in der Provinz teilzunehmen. Kreisverbandsgründungen wurden manchmal von 2 Kamerateams besucht. Sofern deren Berichte weiterhin so neutral bleiben, werte ich dieses Medieninteresse sehr positiv.

Interview: Tobias Schlitzke

Trackbacks & Pings

  1. Spitzenkandidatin der Piraten im Saarland will Politik zum Beruf machen am 11 Mar 2012 um 8:50 am

    [...] wollen in Sachsen-Anhalt auf Gassuche gehen Emotionen: 21* | 1* In Blogs gefunden: 10032012 T Brück PIRATENPARTEI SAARLAND: Von den Das machen wir nun parallel zum Wahlkampf was eine zusätzliche Belastung bedeutet [...]

Kommentare

  1. Wird wohl klappen, 6,0 Prozent, zu Lasten der anderen Kleinparteien!

  2. Selffullfillingprophacy…die macht sei mit Dir!

  3. Ob die selbsterfüllende Prophezeiung der Net-Piraten (s. Userman u. a.) morgen wieder realisiert wird? Schaun mer mal.

  4. Noch 10 Minuten und die gENeRATInO Praktikum (=PIRATEN) hat wieder ein paar bezahlte, politische Praktikantenstellen. Glückwunsch.

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