01-03-2012 – R. Körner (Familien-Partei Saarland): “Wir werden vor der FDP landen”

Roland KörnerParteiencheck vor der Wahl im Saarland:

Andere-Parteien.de hat mit Roland Körner, dem Landesvorsitzenden der Familien-Partei Deutschlands im Landesverband Saarland, gesprochen. Im Interview zeigt sich Körner recht zuversichtlich was die plötzliche Neuwahl betrifft. Vor allen Dingen ist er überzeugt, dass er am Ende vor der FDP landen wird.

Andere-Parteien.de: Die Neuwahl kam relativ überraschend. Ist dies eher ein Vor- oder Nachteil für Ihre Partei?

Roland Körner (Familien-Partei): In der Tat war es auch für uns eine Überraschung bereits im März wieder an die Wahlurnen zu müssen. Wenn man genau hinsieht eigentlich auch ein verfassungsrechtlich geregelter Witz. Zwei Parteien einigen sich zusammenzuarbeiten und rufen dann aus ausschließlich taktischen Gründen, Geld verschwendende Neuwahlen aus. Die Vor- und Nachteile halten sich für uns in etwa die Waage. Einem erhöhten Aufwand in kürzerer Zeit den Wahlantritt zu schaffen steht eine größere Mobilisierung in der Partei gegenüber. Für den Wahlkampf selbst ist natürlich die Vorbereitungszeit knapp. Das trifft uns stärker als die großen Parteien. Auf dem Wahlzettel könnten dann aber wieder weniger Parteien antreten, was rein mathematisch ein Vorteil sein kann.

Andere-Parteien.de: Vor allem bzgl. der Unterschriftensammlung stehen die Kleinparteien vor Problemen. Wie lösen Sie dieses Problem?

Körner: Wir haben die Arbeit wie immer gemacht. Durch Infostände haben wir die Unterschriften eingesammelt, allerdings haben wir mit mehr Ständen in kürzerer Zeit gearbeitet. Durch die Mobilisierung in der Partei gelang uns hier ein Rekordergebnis an Unterstützern, nämlich mehr als 1600 binnen einer Woche. Aber auch der beinahe, automatische Zulauf durch die Bürgerinnen und Bürger war auffallend größer als bisher.

Andere-Parteien.de: Das Saarland gilt als Hochburg der Familien-Partei. Worin gründet sich diese Stärke?

Logo Familien Partei Saar

Körner: Wir sind zum einen die einzige Partei, die geschlossen als Partei seit Jahrzehnten die Zeitbombe unserer Gesellschaftsstruktur thematisiert und auch Lösungen angeboten hat. Leider müssen wir heute sagen: es ist zu spät und wir können die daraus resultierenden Probleme nicht mehr verhindern. Aus dieser politischen Grundidee heraus haben wir es im Saarland geschafft eben auch kommunal stark und erfolgreich zu werden. Der künftige Oberbürgermeister von St. Ingbert Hans Wagner ist Mitglied unserer Partei. Wer sich dies verinnerlicht, sieht, wie wir von der Basis her seriös und solide die Bürger vertreten, uns der Probleme der Familien, aber auch aller Bürgerinnen und Bürger annehmen. Anders als die etablierten Mitbewerber sind wir auch frei von Filz und Günstlingswirtschaft. Gerade in heutigen Zeiten ein Riesenvorteil. Der Wähler honoriert dies dann durch sein Votum.

Andere-Parteien.de: Kamen Sie vor einigen Jahren schon auf 3 Prozent der Wählerstimmen heran, nahm vor allem die Popularität von Herrn Lafontaine vielen Kleinparteien Stimmen weg. Wie bewerten Sie im Nachhinein die letzte Wahl?

Körner: Sie beschreiben es treffend. Dem Rufe des vermeintlichen Heilsbringers sind damals zu viele erlegen. Wenn sich diese Wähler aber anschauen, wie die wirkliche Bilanz des Kollegen ist, wird er feststellen, dass neben medialer Präsenz vor allem wenig eigene parlamentarische Arbeit an der Tagesordnung war. Dem Thema “Familien” nahm er sich vor der Wahl werbewirksam an – teilweise mit ähnlichen Ansichten wie wir. Aber nach der Wahl war davon nichts mehr zu hören. Aber auch der Hype um die FDP hat uns damals Stimmen gekostet. Nicht vergessen ist die damalige unfreundliche Attacke samstags vor der Wahl. Dieses Mal werden wir die FDP klar hinter uns lassen.

Andere-Parteien.de: Konnten Sie ihre Arbeit im Vergleich zur letzten Wahl ausweiten und mehr Menschen erreichen?

Körner: Unsere Mitgliederzahl ist seit der Wahl 2009 gestiegen, wir haben uns regional verbreitert. Unser Ziel aber in einem soliden Fünf-Jahres-Plan den neuerlichen Anlauf auf den Landtag zu nehmen ist durch die vorzeitige Neuwahl natürlich durchkreuzt. Dennoch konnten wir ein zukunftsweisendes Wahlprogramm aufstellen.

Andere-Parteien.de: Wie realistisch ist es, dass Sie, trotz starker Piratenpartei, in Richtung fünf Prozent kommen können?

Körner: Gerade die letztjährige Oberbürgermeisterwahl in St. Ingbert hat gezeigt: Es ist vieles möglich. Die Parteienlandschaft ist in Bewegung. Von den großen Parteien sind viele enttäuscht. Wie stark die einzelnen Bewerber werden, wird aber dennoch die Wahl zeigen. Wir haben schon die Hoffnung, dass es bei Wahlen noch um Programme geht. Wir haben ein klares und zukunftsweisendes Programm und wenn es danach geht bin ich optimistisch rund 6 % der Wählerstimmen erreichen zu können.

Andere-Parteien.de: Die Piratenpartei wird die volle Medienaufmerksamkeit unter den Kleinparteien im Saarland bekommen. Wie sehen Sie die Entwicklung dieser Partei?

Körner: Über Mitbewerber ohne Programm reden wir nicht. Den Mitarbeitern von Presse und Funk darf man aber die Frage stellen, ob Sie über einen Hype berichten oder selbst Teil des Hypes sind.

Andere-Parteien.de: Mit welchen Inhalten möchten Sie überzeugen?

Körner: Das Saarland steht vor großen Herausforderungen durch seine Verschuldung, seine demographische Entwicklung, der Armutsbilanz privater Haushalte und kritischer wirtschaftlicher Standortfaktoren.

Das Armutsrisiko Familie: Da es heute ökonomisch sinnvoller ist sich gegen die Familie mit Kindern zu entscheiden, dies aber für die Gesellschaft als Ganzes notwendig ist, müssen hier die Anreize künftig richtig gesetzt werden, z.B. indem die Aufwendungen für Kinder völlig steuerfrei gestellt werden, Bedarf deckende Betreuungsangebote in allen Altersstufen der Kinder geschaffen werden und eine echte Wahlfreiheit in der Kinderbetreuung durch ein Erziehungsgehalt erreicht wird.

Es geht uns um eine wirtschaftliche Gleichstellung von Eltern zu Kinderlosen vorm Hintergrund unserer Solidargemeinschaft, an der wir festhalten wollen.

Das Problem der Verschuldung bekommen wir mit den gewöhnlich angewandten Instrumenten nicht in den Griff. Ein Schnitt muss her, ein Lastenausgleich kommen. Die Schulden sind in ein Sonder­ver­mögen zu über­führen. Über einen zu definierenden Zeitraum sind individuelle Lasten als Vermögensabgabe festzulegen, um diese Schulden zu tilgen. Fortan sind die staatlichen Aufgaben neu zu diskutieren, was will, kann oder muss sich die Gesellschaft leisten und wie ist dies zu finanzieren. Haushalte sind ausgeglichen aufzustellen. Eine Neuverschuldung kann und darf nur noch im Einzelfall Sinn machen, wenn im Zuge einer Investition Rückflüsse klar benannt und deren Verwendung ebenso klar festgelegt werden.

In der Wirtschaft kann nicht ausschließlich immer und immer wieder die Rendite das Maß aller Dinge sein. Wirtschaften muss sich an den Bedürfnissen der Menschen orientieren und ihnen eine Lebensperspektive ermöglichen. Ein Mindestlohn ist vorzusehen. Öffentliche Wirtschaftsförderung muss bei den Menschen ansetzen. Der Euro ist heute Spekulationsobjekt. Wir fordern die Einführung einer Regionalwährung parallel zum Euro, den “Saar-Lor-Luxi”. Es geht darum die Region zu stärken und unser Geld häufiger im Umlauf zu halten als dies heute der Fall ist. Geld als Tauschmittel steht hier im Vordergrund.

Dem Demokratieverdruss wollen wir begegnen. Politische Prozesse und Entscheidungen müssen transparenter werden. Der Bürger muss öfters mitentscheiden können. Mandatszeiten sind auf 2 Perioden zu begrenzen. Die Altersversorgung von Ministern ist neu zu regeln.

Um das Saarland für die Zukunft zu rüsten, bedarf es einer guten Bildung für unsere Kinder. Bildung ist neben Nachwuchs unsere einzige Ressource geblieben. Wir stehen für eine Konsolidierung im Bildungswesen. Nach ideologischem Wandel in den letzten Jahrzehnten muss Ruhe an der Bildungsfront einkehren. Das gesamte Bildungssystem ist aber besser auszustatten.

Wir brauchen eine Energiewende. Die Familien-Partei will sich auf den Weg machen, um mit weniger Energie auszukommen (bedeutet die Effizienz zu erhöhe n) und möglichst viel Energie im eigenen Land zu erzeugen.
Globale und lokale Abhängigkeiten müssen zurück gefahren werden. Kom­munale Energie in Bürgerhand ist der Leitgedanke der Familien-Partei. Dementsprechend sind die Stadt- und Gemeindewerke zu stärken und mit gesetzgeberischer Unterstützung Finanzierungsmodelle für Bürger­beteiligungen aufzulegen.

Als Großregion Saar-Lor-Lux im Herzen Europas punktet die Region mit einer leistungs­fä­hi­gen Industrie, einem gewichtigen verarbei­ten­­den Gewerbe, modernen Dienst­leis­tun­gen sowie mit europäischen Institutionen und einem bedeutenden Banken­sek­tor. Zum wirtschaftlichen Zusammenwirken sind staatsüber­greifende Reglementierungen vorzuneh­men. Eine lebendige Region „Saar-Lor-Lux“ wäre die Vorstellung der Familien-Partei, wie Europa mittelfristig zusammen wachsen muss, um für die globalen Her­aus­­forderungen gewappnet zu sein.

Mobilität bewahren. Derzeit dominiert im Saarland der Individual­ver­kehr. Das Angebot des öffentlichen Verkehrs wird besser werden müssen, da die Treibstoffpreise bereits heute zu sozialen und wirtschaftlichen Einschränkungen führen.
Der Anteil der älteren Verkehrs­teilnehmer wird steigen. Die Familien-Partei fordert eine Neuausrichtung des ÖPNV mit einer senioren- und familientauglichen Tarifge­staltung und Bedienqualität. Dabei soll der SaarVV im VRN (Verkehrsverbund Rhein-Neckar) aufgehen.

Demographie. Die Anteile von Alt und Jung an der Bevölkerung werden sich eklatant ver­schieben. So manche langfristig über Miet­ein­nah­men geplante Alters­siche­rung wird nicht mehr umsetzbar sein. Der stetig wachsende Betreuungs- und Pflegebedarf in der altern­den Bevöl­kerung muss menschenwürdig geleistet werden. Das Gesund­heits­wesen wird sich anders aufstellen müssen.
Eine nachhaltig angelegte Demographie-Strategie muss hier lebende Jugend­liche und Familien an die Region binden. Familienfreundlichkeit ist dabei ein wirkungsvoller Standortfaktor. Eine die Geburtenrate steigernde Familien-Politik in Anlehnung an Frankreich ist erstrebenswert. Bürgerschaftliche, lokale Netzwerke sind voranzutreiben.

Kommentare

  1. Wünsche der Partei auf jeden Fall alles Gute,auch wenn die Piraten wohl die Stimmen wegnehmen werden.

    Eig. tragisch, erst die Linke, nun die Piraten…

  2. Sehr wahre Worte,
    Wollen wir mal hoffen, dass es so langsam mal wieder mehr Wähler gibt, die sich vor einer Wahl auch mit den Wahlprogrammen auseinander setzen, anstatt Nasen oder Farben zu wählen!
    Hoffen wir auf die 6+%….

  3. Viele Bürger, die politisch offen sind, haben keine Lust auf die scheinbar unausweichliche Entscheidung: AKK oder HM. Es gibt auch eine bisher in der öffentlichkeit verschwiegene Entscheidung: Wollt Ihr Schwar-Rot die 2/3-Mehrheit zum Durchregieren schenken? Dazu brauchen sie 34 Mandate, 32 hatten sie bisher schon. Also toller Verbal-Trick mit “stabile Mehrheiten”. Ein Schelm wer böses dabei denkt!
    Bei dem tollen Partei-Programm müsste es die Familien-Partei endlich schaffen, denn auf die vielbeschworenen Glücksbringer setzt kaum noch jemand.

  4. Naja, sie hätten halt mal ein bekanntes Gesicht nehmen/abwerben sollen.

    Aber haben sie nicht.

  5. Ah, das klingt alles plausibel, aber man muss es umsetzen können in Wahlergebnisse!

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