29-06-2011 – Sebastian Frankenberger (ödp): “Unsere Partei wird durchaus vom politischen Gegner ernst genommen”
Das Jahr 2010 war das Jahr der ÖDP. Mit großem Erfolg initiierte der Passauer Student und ödp-Stadtrat Sebastian Frankenberger als Sprecher des Aktionsbündnisses den Volksentscheid zum Nichtraucherschutz im Freistaat Bayern. Am 04. Juli 2010 entschieden sich 61% der bayerischen Bürger für den Volksentscheid. Sebastian Frankenberger und die außerparlamentarische ÖDP waren mit einem Schlag im gesamten Bundesgebiet bekannt. Seit einigen Monaten ist Frankenberger nun Bundesvorsitzender der ÖDP. Zeit für Andere-Parteien.de mit Ihm und Generalsekretär Dr. Claudius Moseler über die Zukunft der Partei zu sprechen.
Andere-Parteien.de: Die ÖDP präsentiert sich vor allem als außerparlamentarische Opposition in Bayern. Wird das ihrem Selbstanspruch gerecht?
Frankenberger/Moseler: Der Selbstanspruch jeder Partei sollte sein, in die Regierungsverantwortung zu kommen, um etwas bewegen zu könne. Da wir aber, aufgrund von verschiedenen Faktoren, noch nicht in einem überregionalen Parlament sitzen, versuchen wir diesem Selbstanspruch dennoch gerecht zu werden und benutzen dafür sehr oft das Mittel der Direkten Demokratie. Wir haben in Bayern dadurch schon fünf weitere geplante AKW-Standorte gestrichen, das sozialunwürdige Büchergeld gekippt, 5 Millionen € Steuergelder durch die Abschaffung des bayerischen Senates eingespart und den Nichtrauschutz verstärkt. Wir sind also sehr wohl eine außerparlamentarische Opposition, die versucht mit ihren bescheidenen Mitteln, am Veränderungsprozess mitzuwirken. Unsere Partei wird durchaus vom politischen Gegner ernst genommen.
Andere-Parteien.de: Vor allem im Norden und Osten verfügt die ÖDP noch nicht über große Parteistrukturen. Wie sieht hier der Plan für die Zukunft aus?
Frankenberger/Moseler: Parteiaufbau funktioniert in der Regel nur über die Basis. D.h. wir investieren hauptsächlich in Kreisverbände, oder noch wichtiger, wir versuchen kommunale Mandate zu erringen. Derzeit haben wir 400 kommunale Mandatsträger vor allem in Bayern, aber auch in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen. Hier müssen wir die Basis verbreitern. Dies ist jedoch ein langer und arbeitsaufwendiger Prozess. Wir brauchen hier den Charakter eines Marathonläufers. Den haben wir aber!
Andere-Parteien.de: Was sind dabei Ihre größten Probleme innerhalb des Aufbaus von Parteistrukturen?
Frankenberger/Moseler: Unsere Parteiphilosophie ist sehr prophetisch auf nachfolgende Generationen und den ganzen Planeten ausgerichtet. Propheten im eigenen Land haben es schon in der Bibel sehr schwer gehabt und auch heute ist es einfacher mit platten populistischen Slogens von Wahl zu Wahl die Massen zu gewinnen. Wir halten jedoch an unserem Grundsatzprogramm fest, versuchen es in Zukunft zwar moderner und attraktiver zu erklären und damit zu werben. Wir werden aber uns sicherlich nicht verbiegen, um neue Leute zu gewinnen. Die Menschen wollen nicht von den Parteien weiter belogen und getäuscht werden.
Andere-Parteien.de: In den letzten Jahren hat die ÖDP sich immer wieder innerhalb Listenverbindungen engagiert. Ist das ein Modell für die Zukunft?
Frankenberger/Moseler: Wenn es um die Sache geht, werden wir immer auch mit anderen zusammenarbeiten. Die Wahlgesetzgebung hat hier jedoch klare Grenzen. Natürlich gibt es auf kommunaler Ebene eine ganze Reihe von Listenverbindungen und auch gemeinsamen Listen, v.a. auch mit unabhängigen Wählergruppen. Parteien sollten aber generell mehr zusammenarbeiten.
Andere-Parteien.de: Mit Sebastian Frankenberger wurde eine mittlerweile bundesweit bekannte Person Bundesvorsitzender. War diese Wahl inhaltlicher Natur oder hatte dies auch etwas mit dem Bekanntheitsgrad der Partei zu tun?
Moseler: Sebastian Frankenbergers Wahl war natürlich auch durch seinen Bekanntheitsgrad geprägt, er steht aber auch für einen Generationenwechsel in der ÖDP. Als langjähriger stellvertretender Geschäftsführer und Organisator von Wahlkämpfen und eines Volksentscheides bringt er auch die organisatorischen Führungsqualitäten mit.
Andere-Parteien.de: Die GRÜNEN konnten enorm von der Japan-Diskussion profitieren. Gerade die ÖDP hatte sich ja auch immer im Kampf gegen die Atom-Industrie positioniert. Doch momentan fehlt sie in den Medien. Worin sehen Sie die Gründe?
Frankenberger/Moseler: Es ist natürlich schwierig für eine kleine Partei, die außerhalb Bayerns und Baden Württemberg eher weniger in der Wahrnehmung der überregionalen Medien existiert, bei diesem Thema, was von den großen Parteien extrem besetzt wird unterzukommen. Die Medien sind heute leider sehr stark davon geprägt, nur noch die großen Parteien oder gesellschaftlichen Gruppen in ihrer Berichterstattung zu berücksichtigen. Doch auch davon lassen wir uns nicht entmutigen, wenn wir einen kleinen Beitrag zu einer Veränderung in der Atomfrage mitgeholfen haben.
Andere-Parteien.de: Wie realistisch sehen Sie selbst einen Einzug in ein Landesparlament in absehbarer Zeit?
Frankenberger/Moseler: Außerhalb Bayerns wird es schwierig. Aber 2013 haben wir in Bayern gute Chancen die 5 % Hürde knapp zu erreichen, auch wenn es nicht einfach wird. Aber gerade das Nichtraucherschutzvolksbegehren, die konstante APO-Arbeit und die Arbeit der Mandatsträger und Bürgermeister vor Ort stimmen uns zuversichtlich.
Andere-Parteien.de: Vor allem auf kommunaler Ebene gibt es schon eine große Zersplitterung des Parteiensystems. Erwarten Sie in Zukunft, dass es auch auf Landesebene zu standardmäßig Sechs- oder gar Sieben-Parteiensystem kommen wird, wovon besonders auch die ÖDP profitieren konnte?
Frankenberger/Moseler: Das hängt maßgeblich davon ab, inwieweit die Wahlgesetzgebung auf überregionaler Ebene den pluralistischen Entwicklungen in der Gesellschaft wie auch im Parteiensystem gerecht wird. Derzeit läuft gerade ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die 5%-Hürde bei der Europawahl. Es kann jedoch auch sein, dass die gesellschaftliche Entwicklung zu einem breiteren Spektrum im Parteiensystem mit einem mehrfachen Überspringen der 5%-Hürde durch verschiedene Parteien führt. Die „Volksparteien“ verlieren ja immer mehr an Bindungskraft und die Grünen müssen sich nun erst einmal in den Regierungen bewähren. Von solchen Entwicklungen könnte natürlich auch die ÖDP profitieren.
Andere-Parteien.de: Wie beurteilen Sie die Möglichkeiten über Internet-Wahlkampf zu führen?
Frankenberger/Moseler: Für uns als kleine Partei mit gerade nur 9 hauptamtlichen Mitarbeitern und unserem Grundsatz Konzernspenden kategorisch abzulehnen, bietet sich hier natürlich eine große Möglichkeit. Vor allem nachdem auch unsere Klage gegen den Wahl-O-Mat erfolgreich war, und nun alle Parteien vertreten sind, können wir nun unsere Partei auch in weiteren Bevölkerungskreisen bekannt machen. Gerade im Internet kann man mit einem begrenzten finanziellen Einsatz gegenüber anderen Parteien sich durchaus behaupten. Als kleine Partei waren wir im Internet mit vielen Webseiten der Landes- und Kreisverbände immer breit aufgestellt. Jetzt wollen wir auch einen qualitativen Sprung durch einen neuen vernetzten Internetauftritt machen. Wir sind eine attraktive Partei für ein großes Spektrum in der Bevölkerung, das zeigen unsere Kommunalwahlergebnisse, dies muss sich auch im Internetauftritt widergespiegeln.
Andere-Parteien.de: Vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Tobias Schlitzke
Backlinkstore am 09 Mar 2012 um 2:45 pm
Backlinkstore…
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