11-08-2010 – future! – Die junge Alternative – “Wir vertreten ein sozial-ökologisches Gesellschaftsbild”

Oliver Schillingfuture! – Die junge Alternative (Kurzbezeichnung: future!) ist die erste eigenständige Jugendpartei Deutschlands mit Sitz in Magdeburg. Sie ist seit 1999 im Magdeburger Stadtrat vertreten und stellte von 2004-2009 eine eigenständige Stadtratsfraktion mit Geschäftsführung im Rathaus der Stadt. Seit Juni 2009 bildet future! zusammen mit SPD und der Tierschutzpartei eine gemeinsame Fraktion. Tobias Schlitzke von Andere-Parteien.de hat mit dem Vorsitzenden Oliver Schilling, über die Zukunft und Vergangenheit der Partei gesprochen.

Andere-Parteien.de : Besonders Jugendparteien scheinen stark aufzukommen (Ihre Partei, PETO usw.). Wurden Jugendinteressen lange nicht wahrgenommen?

Oliver Schilling (stellvertrender Vorsitzender): Es gehören Mut, Interesse, Durchhaltevermögen und Willenskraft dazu, mitzumischen. Jugendliche werden, wie alle anderen Bürger auch, regiert. Das eigene Gewicht in die Waagschale zu werfen ist schon etwas Besonderes. Allerdings ernüchtert das “politische Geschäft” als eigene Partei sehr schnell, weil man als Konkurrenz gesehen wird. Es ist sehr befriedigend, wenn Jugendliche politisches Interesse in Engagement ummünzen. Future! ist jedoch weder Jugendvertretung noch Kaderschmiede sondern eine Partei mit umfassendem Programm – von Jugendlichen gegründet mit einem sozial-ökologischen Gesellschaftsbild. Das ist etwas ganz anderes als eine reine Zielgruppenvertretung.

Andere-Parteien.de: Können Sie es bestreiten, dass jüngere Leute heutzutage als “politikverdrossen” gelten?

Schilling: Die Beteiligungs- und die Einflussmöglichkeiten der Kommunalpolitik sind vielen Bürgern unklar. Es gibt tendenzielle eher mehr politisch interessierte Jugendliche, behaupte ich. Es stehen wesentlich mehr politische Informationen online zur Verfügung, die Hemmschwelle sinkt und sie haben mehr Mut. Wenig Engagement lässt sich eher damit begründen, dass Jugendliche/junge Erwachsene zeitlich sehr eingespannt sind. Aber was erwartet man denn von Jugendlichen? Insgesamt engagieren sich viele noch in idealistischen Vertretungen: Freiwilligenjahre, Greenpeace, Attack, BUND oder Nabu und Co. Jugendliche müssen sich erst einmal selbst finden und ihr eigenes Welt-, respektive Gesellschaftsbild formulieren. Ansonsten plappern sie nur nach, was Mama oder Papa ihnen vormachen und landen karriereorientiert bei den Etablierten.

Andere-Parteien.de: Lt. einer aktuellen Studie schwindet das Vertrauen der Menschen in die Parteien und Insitutionen. Was können Sie hier anders machen?

Schilling: Ehrlichkeit und Beständigkeit. Es ist ein notwendiges Übel insbesondere bundespolitisch Aufgabenstellungen im Rhythmus der Legislatur zu sehen. Future! vertritt eine klare Meinung, stößt gelegentlich einigen Wählern vor den Kopf, bleibt aber beim Leitbild und kann auch zu Fehlern stehen. Wichtig sind nachvollziehbare und stets erklärte Entscheidungen. Wichtig sind auch eingelöste Wahlversprechen, schnelle Hilfe und Diskussionbereitschaft.

Andere-Parteien.de: Bisher sind Sie regional begrenzt. Hat eine Jugendpartei auch auf größeren Ebenen Wählerpotential?

Schilling: Für mich ist der Begriff Jugendpartei nicht greifbar. Future! hat sich vor zwei Jahren vom Zusatz “Die Jugendpartei” getrennt und heißt heute “Die junge Alternative”. Das verdeutlich sehr gut, dass future! keine Jugendvertretung ist, sondern eine von ambitionierten Jugendlichen gegründete Partei. Das sind zwei grundlegend verschiedene Zielstellungen. Eine reine Jugendpartei könnte flächendeckende, kostenlose Schülerbeförderung, kostenloses Bio-Schulessen, Hitzefrei ab 20 Grad Celsius oder eine Schulstrukturreform fordern. Das wäre beispielsweise reine Jugendarbeit. Future! profiliert sich hingegen über alle politischen Bereiche und ist eine Alternative zu dem Etablierten für Jung und Alt.

Andere-Parteien.de: Kooperieren Sie schon mit anderen Jugendparteien?

Schilling: Wir haben mit interessieren Jugendlichen in anderen Bundesländern Kontakt aufgenommen und sind im Gespräch. Wir stehen weiteren Landesverbänden offen gegenüber.

Andere-Parteien.de: Wie bereits ausgeführt besetzt future! alle politischen Bereiche und vertritt insgesamt ein sozial-ökologisches Gesellschaftsbild. Dem kann man sich unabhängig des eigenen Alters anschließen – oder eben nicht. Im Übrigen wurde bereits zum Oberbürgermeisterwahlkampf über mein Alter (damals 36 Jahre) als Vertreter der Jugendpartei gewitzelt. Heute sitzt ein 48 Jähriger für uns im Stadtrat. “Jugend” steht deshalb vielleicht eher für dynamischen, engagierten, konfliktbereiten Umbruch.

Andere-Parteien.de: Kann man Sie politisch einordnen? Alternativ klingt eher nach einer linken Einordnung.

Schilling: Bedauerlicherweise sind viele Wörter im politischen Sprachgebrauch bereits besetzt. Die junge Alternative stellt eine Alternative zu dem Etablierten dar, ist jedoch selbst kaum “alternativ”. Auf kommunaler Ebene sind wir heute gelegentlich grüner als die Grünen und manchmal schwärzer als die Schwarzen. “Vernünftig” in einer sich schnell wandelnden Welt – ist das eine politische Strömung? Dann ordnen Sie uns bitte den Vernünftigen zu.

Andere-Parteien.de: Können Sie uns zum Abschluss noch etwas über Ihre Arbeit im Magdeburger Stadtrat erzählen?

Schilling: Als Parteivorsitzender obliegt mir die Aufgabe die Partei aktiv zu halten und Diskussionen anzustoßen, die in Aufträgen münden, die unsere Stadträte dann in den Stadtrat mitnehmen. Insofern bin ich indirekt dort involviert. Im Übrigen bekleide ich ein Amt als Sachkundiger Einwohner, darf in einem Ausschuss mit beraten, aber nicht abstimmen. Diese Arbeit ist aufregend und anstrengend zugleich, zeigt mir als “älterem” aber auch immer wieder, wie schwierig es für den jungen Nachwuchs ist, in der Politik mitzumachen. Dank unseres “jugendlichen” Ansatzes fällt die Meinungsbildung jedoch wesentlich leichter als in etablierten Fraktionen, die ihre Mannen erst einmal formieren und wesentlich umfassendere Interessen ausloten müssen. Vielleicht macht auch das den Reiz jugendlicher Politik aus: Dabei und man selbst zu sein.

Oliver Schilling: Es gehören Mut, Interesse, Durchhaltevermögen und Willenskraft dazu, mitzumischen. Jugendliche werden, wie alle anderen Bürger auch, regiert. Das eigene Gewicht in die Waagschale zu werfen ist schon etwas Besonderes. Allerdings ernüchtert das “politische Geschäft” als eigene Partei sehr schnell, weil man als Konkurrenz gesehen wird. Es ist sehr befriedigend, wenn Jugendliche politisches Interesse in Engagement ummünzen. Future! ist jedoch weder Jugendvertretung noch Kaderschmiede sondern eine Partei mit umfassendem Programm – von Jugendlichen gegründet mit einem sozial-ökologischen Gesellschaftsbild. Das ist etwas ganz anderes als eine reine Zielgruppenvertretung.

Kommentare

  1. finde ich auch. wenn überhaupt ein kommunales phänomen. die jugend wählt grün – für future bleibt da kaum platz…leider.

  2. mal schauen, bin da eher skeptisch. traue den nicht so viel zu.

  3. 1 – 2 Prozent kriegen die sicher mal. Das wars dann aber schon.

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