22-03-2010 – 21:15 – Bayernpartei im Interview – “Schottland als Vorbild”
Tobias Schlitzke von „Andere-Parteien.de“ hat sich mit dem Vorsitzenden der Bayernpartei, Florian Weber (47) unterhalten. Dort erklärt er, warum gerade Schottland ein Vorbild für Bayern sein kann. Weber ist seit 2007 Landesvorsitzender der Bayernpartei. Nachdem sein Vorgänger Andreas Settele wegen beruflicher Veränderungen zum 17. November 2007 sein Amt niedergelegt hatte, wurde Weber auf einem Parteitag in Regensburg einstimmig zum neuen Parteivorsitzenden gewählt.
Andere-Parteien.de: Die CSU steckte bei der letzten Landestagswahl in einer ihrer größten Krisen der letzten Jahrzehnte. Profiteur war nicht Ihre Partei, sondern die Freien Wähler. Wie sehr schmerzt Sie das?
Florian Weber (Parteivorsitzender Bayernpartei): Natürlich hätten wir uns bei der letzten Landtagswahl ein noch besseres Ergebnis gewünscht. Unter anderem wegen des derzeitigen Zustands der Freien Wähler bin ich aber bezüglich der Wahlen 2013 sehr optimistisch.
Andere-Parteien.de: Wie wichtig ist eine Abgrenzung von der CSU für Ihre Partei?
Weber Es ist nicht mehr so, dass uns allein bei der Nennung des Namens CSU „das Messer in der Tasche aufgeht“. Tatsächlich halten wir sie für einen politischen Mitbewerber, der trotz Behauptung des Gegenteils, sich nicht mehr für die Interessen der bayerischen Bürger einsetzt, sondern offenbar nur den eigenen Machterhalt im Auge hat. Daher ergibt sich schon automatisch eine Abgrenzung, welche nicht nur in Bezug auf die Eigenstaatlichkeit zu sehen ist, sondern auch noch in vielen anderen Politikbereichen. So lehnen wir z. B. den Afghanistan Einsatz der Bundeswehr ab und haben auch eine andere Haltung zur Atomenergie, welche wir als sehr risikoreich erachten. Dies sind nur einige Beispiele, aber ich könnte noch eine ganze Reihe andere Unterschiede aufzeigen.
Andere-Parteien.de: Gibt es in Ihrer Partei noch eine Nostalgie an die Erfolge der 50ziger Jahre?
Weber Natürlich sind wir stolz auf unsere Geschichte, aber wir Leben in der Gegenwart, welche genug Herausforderungen bietet um auf der Basis unserer Werte Lösungsvorschläge anzubieten.
Andere-Parteien.de: Wie realitisch sehen Sie es, dass Ihre Partei jemals wieder an die 5-Prozent-Hürde nahe heran kommt?
Weber Die Bayernpartei hat im Gegensatz z. B. zu den FW, aber auch allen anderen Parteien, mit dem Ziel eines freien Bayern in einem europäischen Staatenbund, eine politisch visionäre Idee, die insbesondere auch die riesigen anstehenden strukturellen Probleme bei uns lösen kann. Darüber hinaus haben wir bei den letzten 6 Wahlen aller Ebenen immer zugelegt. Dieser Trend wird noch explosionsartig steigen, wenn, was ich befürchte, die ökonomische Situation bei uns deutlich schlechter wird.
Darüber hinaus zeigt die aktuelle Generationenstudie der Hanns Seidel Stiftung, dass die Position zur Eigenstaatlichkeit welche allein die Bayernpartei vertritt, von 20% der Bevölkerung geteilt und für weitere 20% vorstellbar ist. Wenn es der Bayernpartei gelingt ins Bewusstsein dieser Menschen zu kommen, ist bei zukünftigen Wahlen sehr viel möglich. Ein Überspringen der 5% Hürde in Bayern, oder ein Einzug in den Bundestag über 3 Direktmandate ist deshalb schon bei den nächsten Wahlen möglich.
Andere-Parteien.de: Die ödp zeigt, dass man auch außerparlamentarisch Erfolg haben kann. Ist das auch ein Modell für Ihre Partei?
Weber Bei fast jedem politischem Handeln ist sehr häufig auch eine außerparlamentarische Arbeit nötig. So planen wir z. B. gerade ein Volksbegehren zur Unabhängigkeit Bayerns. Die ÖDP ist für uns aber kein Vorbild. Ihr fehlt es an einem originären politischen Ziel, welches jede derzeit nicht in überregionalen Parlamenten vertretene Partei braucht, um auf höherer Ebene von der Bevölkerung als notwendig anerkannt zu werden.
Andere-Parteien.de: Wie stehen Sie zu Parteikooperationen bei Wahlen mit anderen Kleinparteien?
Weber Die Bayernpartei ist Mitglied der Europäischen Freien Allianz (EFA), in der sich 40 Regionalparteien aus ganz Europa zusammengeschlossen haben und die mit 7 Abgeordneten im EU Parlament vertreten ist. In der BRD gibt es 4 EFA Parteien. Neben uns der SSW, Die Friesen und die Wendische Volkspartei. Zur letzten Europawahl wurde das Wahlgesetz 2008 so geändert, dass uns der Bundeswahlleiter eine gemeinsame Liste mit unseren Partnern verbieten konnte.
Andere-Parteien.de: Wie steht die Bayernpartei zu lokalen Projekten wie die “Chiemgauer Lokalwährung”?
Weber Wir begrüßen diese regionalen Projekte ausdrücklich.
Andere-Parteien.de: Der Wahlkampf in Berlin wird bis heute von einigen Kritikern belächelt. Hat sich der Aufwand im Nachhinein wirklich gelohnt?
Weber Aber ja! Uns ging es primär darum ins Bewusstsein der Menschen zu kommen die einen „demokratischen Regionalismus“ befürworten. Deshalb haben wir an der Europawahl mit einer Bundesliste teilgenommen, um noch mehr Aufmerksamkeit zu erhalten. Uns war natürlich klar, dass wir Bundesweit kaum mit 5% rechnen konnten. Allein Ihre Frage zeigt aber, dass Sie wie auch andere aufmerksam geworden sind.
Andere-Parteien.de: Wie bewerten Sie die Medienaufmerksamkeit auf Ihre Partei innerhalb Bayerns?
Derzeit noch ungenügend. Dort wo wir in lokalen Parlamenten vertreten sind, werden wir in der örtlichen Presse zwar wahrgenommen, aber für eine größere Aufmerksamkeit in der überörtlichen Presse fehlt es zum einen an Geld und zum anderen ist es uns auch noch nicht gelungen unser Hauptanliegen ins Blickfeld zu bringen. Vielleicht auch deshalb, weil die Prinzipien Subsidiarität und regionale Selbstbestimmung insbesondere in weiten Bereichen der Medien in ihrer Aktualität und Notwendigkeit noch nicht erkannt sind. Dies könnte sich aber schon 2011 ändern, wenn unsere schottischen Partner von der SNP den geplanten Volksentscheid über ein von Großbritannien unabhängiges Schottland gewinnen sollten.
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