09-09-09 – Im Gespräch: Der Vorsitzende der “Tierschutzpartei”
Tobias Schlitzke, von “Andere-Parteien.de“, hat sich mit dem Vorsitzenden der “Tierschutzpartei“, Stefan Bernhard Eck, unterhalten. Im Interview nimmt er Stellung zum Überraschungserfolg seiner Partei bei der Landtagswahl in Sachsen, die Probleme kleiner Parteien und bezieht Stellung zu radikalen Tierschützern. Ecks Aussage: “Ich persönlich würde Tierschützer, die Tiere befreien, nicht gleich als radikal einstufen.” Eck ist seit September 2007 der Bundesvorsitzende der Partei. 1998 wurde er Vegetarier, später ganz zum Veganer. 1999 und 2000 war er Leiter der Arbeitsgruppe Tierrechte des Bundesverbandes Menschen für Tierrechte. Seit ist er September 2007 Bundesvorsitzender der Partei.
Andere-Parteien.de: Seit 1993 hat die Partei bisher erfolgslos versucht, bei Wahlen in ein Parlament zu ziehen. In Sachsen hat „Die Tierschutzpartei“ mit 2,1 Prozent zwar das beste Ergebnis ihrer Geschichte erzielt. Die Fünf-Prozent-Hürde aber ist immer noch weit entfernt. Sind Sie trotzdem damit zufrieden?
Stefan Bernhard Eck (Vorsitzender „Tierschutzpartei“): Ja, wir sind zufrieden! Das Ergebnis von 2,1 Prozent in Sachsen stimmt doch optimistisch, was die Zukunft unserer Partei betrifft. Wer die 2 Prozent einmal genommen hat, der kann auch noch mehr schaffen. Bis zum Überschreiten der Fünf-Prozent-Hürde ist es zwar in der Tat noch ein langer Weg, aber eine Stimme für uns ist keine verlorene Stimme, denn je mehr Wähler uns wählen, desto mehr werden sich die etablierten Parteien unserer Themen und Ziele annehmen. Wir nehmen damit schon jetzt Einfluss auf die Politik in unserem Land.
Andere-Parteien.de: Bei dieser Wahl gab es auch den Versuch der Kleinparteien, ein Bündnis zur Wahl aufzustellen, das letztlich unter dem Namen „Freie Sachsen“ zu Stande kam. Wieso kam diese Option nicht für Sie in Frage?
Eck: Wir hätten viele unserer grundlegenden Ziele aufgeben müssen, bzw. sie wären “verwässert” worden. Unsere Schwerpunkte sind konsequenter Umweltschutz und Tierschutz, der diesen Namen auch verdient. Daneben gehen unsere Forderungen in den Schwerpunktbereichen Agrarpolitik, Energiepolitik, Sozialpolitik und Außenpolitik weit über das hinaus, was die meisten Kleinparteien fordern. Einige Beispiele: Raus aus Afghanistan ohne WENN und ABER, Abschaffung der Massentierhaltung, Einführung einer “Fleischsteuer”, NEIN zum Vertrag von Lissabon.
Andere-Parteien.de: Bündnis90/Die Grünen setzen sich ebenfalls für Tierschutz ein. Inwiefern grenzen Sie sich von dieser Partei ab?
Eck: Die Forderungen von Bündnis90/Die Grünen im Bereich Tierschutz gehen nicht weit genug; sie machen zu viele Zugeständnisse an die “reale Politik”. Wir wollen keine Käfige, die nur größer oder “artgerechter” sind, sondern leere Käfige; wir wollen keine humaneren Tierversuche oder Tiertransporte, sondern fordern die Abschaffung der Tierversuche und Tiertransporte. Auch in der Umweltpolitik sind wir konsequenter. Wir würden das EEG (Eneuerbare Energien-Gesetz) von Grund auf umschreiben. Es geht doch nicht an, dass wir eine Politik betreiben, die dazu führt, dass in Südostasien und Südamerika die letzten Urwälder gerodet und in Palmöl-Plantagen umfunktioniert werden, weil wir hier in Europa auf Bio-Sprit setzen. Mit einem Satz: Die Grünen sind leider nicht mehr ganz so grün, wir sind super-grün geblieben und vertreten darüber hinaus noch eine Politik, die Achtung vor dem Leben hat, vor dem Leben von Menschen und vor dem Leben von Tieren.
Andere-Parteien.de: Mit welchen Parteien sehen Sie eine Grundlage zusammen zu arbeiten?
Eck: Mit Bündnis90/Die Grünen und der ödp. Beide Parteien haben gute Ansätze in ihren Grundsatzprogrammen und sind daher “entwicklungsfähig”. Mit beiden Parteien arbeiten wir bereits punktuell zusammen. Im Stadtrat von Magdeburg haben wir ein Fraktionsbündnis mit der SPD geschlossen, um auf kommunaler Ebene unsere politischen Vorstellungen umzusetzen.
Andere-Parteien.de: Welche Probleme gibt es für kleine Parteien bei Listenverbindungen?
Eck: Listenverbindungen verschiedener Parteien sind bei Bundestagswahlen nicht zulässig. In mehreren deutschen Bundesländern sind Listenverbindungen bei Kommunalwahlen aber möglich. Hierbei gilt auch, dass es auf die Grundsatzprogramme der jeweilien Parteien ankommt. Wir hätten Probleme, eine gemeinsame Liste mit Parteien oder Kandidaten/innen aufzustellen, die konträr zu unseren Zielsetzungen agieren.
Andere-Parteien.de: Kann man Ihre Partei in ein klassisches Spektrum einordnen? Konservativ? Alternativ oder Links?
Eck: Ja, wir sind alternativ und mit Sicherheit im linken Spektrum und zwar zwischen Rot-Rot – zumal die SPD leider nicht mehr eine Partei ist, die sich für die Belange der sozial Schwachen stark macht. Außerdem: Soziale Gerechtigkeit darf nicht an der eigenen Artgrenze halt machen, auch nicht an der Landesgrenze. Da können die beiden roten Parteien noch viel von uns lernen.
Andere-Parteien-de: Auch unter den Tierschützern gibt es extreme Ansichten. Wie steht Ihre Partei zu den radikalen Tierschützern, die zum Beispiel auch Tiere befreien?
Eck: In jeder Gruppierung gibt es extreme und weniger extreme Ansichten. Wichtig ist immer, dass es zu keiner Gewaltanwendung gegen Personen kommt. Ich persönlich würde Tierschützer, die Tiere befreien, nicht gleich als radikal einstufen. Ist Green Peace radikal, wenn seine Aktivisten versuchen, japanische Walfänger daran zu hindern, ihre Harpunen auf die Meeressäuger abzufeuern? Unsere Partei geht den politischen Weg, der meiner Meinung der vernünftigste ist. Durch Tierbefreiungen werden sich keine Gesetze verändern; dies geschieht in den Parlamenten – also müssen wir dort ansetzen.
Andere-Parteien,de: Wieso glauben Sie daran, dass eine Nischenpartei mit Reduzierung auf ein Thema breiten Erfolg haben kann?
Eck: Leider geistert diese Vorstellung in den Köpfen der Wähler und Medienmacher herum, aber wir sind nicht auf ein Thema beschränkt! Dies ergibt sich allein schon aus dem Namen: Partei Mensch Umwelt Tierschutz. Wir sind die erste und einzige Partei in unserem Land, die sich gleichermaßen konsequent für Menschen und Tiere und Umwelt einsetzt. Ein Blick in unser Wahlprogramm zeigt dies deutlich!
Andere-Parteien.de: Haben Sie ein komplettes Wahlprogramm oder beschränkt sich dieses auf Tierrechte?
Eck: Natürlich haben wir ein Bundestagswahlprogramm 2009. Die Themen darin: Zurück zur sozialen Gerechtigkeit, Wege aus der Wirtschaftskrise, Energiegewinnung ohne Atomkraft, Nein zur “grünen Gentechnik”, konsequenter Klimaschutz, Agrarwende und Abschaffung der Massentierhaltung, Tierschutz und Tierrechte in Deutschland. Die Frage dürfte sich damit beantwortet haben!
Andere-Parteien.de: Auf kommunaler Ebene konnten Sie bereits Mandate erreichen. Was konnten Sie politisch bereits umsetzen?
Eck: Einige Verbesserungen in sozialer und umweltpolitischer Hinsicht wurden erreicht. Es würde aber hier den Rahmen sprengen, dies genau zu erklären. Interessant: In Magdeburg sind wir dabei, etwas in Gang zu setzen, das für diese Republik Signalwirkung haben wird. Soviel nur… es hat etwas mit Klimapolitik, Tierschutzpolitik und Gesundheitspolitik zu tun und wird, wenn es gelingen sollte, Magdeburg in die Schlagzeilen der internationalen Presse bringen.
Andere-Parteien.de: Wie schaut Ihre Arbeit außerhalb des Wahlkampfes in der Partei aus?
Eck: Unsere Arbeit besteht in Aufklärungsarbeit über die Zusammenhänge von Umweltschutz, Tierschutz und “Menschenschutz” innerhalb großer Kreise der Bevölkerung in erster Linie, Verhandlungen mit den etablierten Parteien, um Verbesserungen im Tierschutz zu erreichen, viele Klagen vor Gerichten und vieles mehr. Eine harte Arbeit, für die man einen langen Atem braucht.
Andere-Parteien.de: Was erwarten Sie für die kommende Bundestagswahl für ihre Partei, immerhin treten Sie nur in einigen Bundesländern an?
Eck: Wir haben unsere Erwartungen nicht zu hoch geschraubt. Mittlerweile werden in Brüssel 80 Prozent der Gesetze gemacht, die unsere Schwerpunktthemen tangieren, deshalb konzentrierten wir uns 2009 mehr auf die Europawahl, bei der wir mit 1,1 Prozent einen weiteren Achtungserfolg erzielt haben. Außerdem dürfte diese Bundestagswahl sehr stark von der Wirtschaftskrise beeinflusst werden. In Zeiten wirtschaftlichen Niedergangs schaut der Wähler zuerst auf seine ureigenen Probleme; eher altruistische Gedanken – Tierschutz und Umweltschutz – rangieren jetzt weiter hinten. Wir sind aber trotzdem angetreten, damit die etablierten Parteien unsere Themen und Ziele nicht ganz aus den Augen verlieren.
30-09-09 – 15:30 – Sonstige erreichen 6,0 % (+2,1 %) / Piraten mit 2,0 % - Andere Parteien am 02 Oct 2009 um 12:28 pm
[...] läge ohnehin auf der Europawahl, wie der Vorsitzende der Partei, Stefan Bernhard, gegenüber andere-parteien.de [...]