08-07-2013 – Keine Stimme ist verloren – Warum es sich lohnt, auch Kleinparteien zu wählen

Nach aktueller Forsa-Umfrage, könnten sich rund neun Prozent der Deutschen vorstellen, eine Kleinpartei zu wählen. Viele Bürger sehen ihre Interessen vom aktuellen Parlament nicht vertreten, oder haben das Vertrauen in die etablierten Parteien verloren. Doch lohnt es sich überhaupt eine Partei zu wählen, die kaum Aussichten darauf hat, in den Bundestag hat einzuziehen?

Die Alternative für Deutschland (AfD) und die Piratenpartei haben derzeit das, was den meisten anderen Kleinparteien größtenteils verwehrt bleibt: Das Interesse der Medien. Doch trotz der regelmäßigen Präsenz, liegen die Umfragewerte für Piraten und AfD mit je zwei Prozent weit unter der Fünf-Prozent-Hürde. Auch keine der anderen Kleinparteien darf sich derzeit ernsthafte Hoffnungen auf den Einzug in den Bundestag machen. Bei den Wählern bleiben diese Umfragewerte nicht ohne Auswirkungen. Bürger, die eigentlich eine kleine Partei favorisieren, wählen häufig doch eine der etablierten Parteien, oder gehen gar nicht zur Wahl. Die Befürchtung ist zu groß, dass die eigene Stimme andernfalls verloren ist.

Jede Stimme bedeutet bares Geld

„Das mag zwar so erscheinen, es ist jedoch anders“, versichert Jörg Stimpfig, Landesvorsitzender der FREIE WÄHLER Landesvereinigung Baden-Württemberg. Jede Wählerstimme bedeutet nämlich auch bares Geld. „Wir bekommen nach der Wahl, entsprechend der Anzahl der Stimmen, eine Wahlkosten-Vergütung“, erklärt Stimpfig. Erreicht eine Partei bei der Bundestagswahl mindestens 0,5 Prozent der Zweistimmen, erhält sie für die ersten vier Millionen Wählerstimmen 85 Cent pro Stimme. Für jedes weitere Kreuzchen werden 70 Cent überwiesen. Geld, mit dem die Parteien ihre Aktivitäten und damit ihren Einfluss und Bekanntheitsgrad ausbauen können.

Die Grünen als Vorbild für andere Kleinparteien

Bestes Beispiel, wie eine Kleinpartei ihren Einfluss bis in den Bundestag ausweiten konnte, sind die Grünen. In ihrem Gründungsjahr 1980 erreichten sie bei der Bundestagswahl noch 1,5 Prozent. Nur drei Jahre später zogen sie mit ihren Forderungen nach Gleichberechtigung, Abrüstung und Umweltschutz erstmals in den Bundestag ein. Anfangs von den etablierten Parteien nur belächelt, waren die Themen der Grünen plötzlich ernst zu nehmen. „Die Grünen haben es geschafft, den Status als Protestpartei, den eine Kleinpartei vor allem am Anfang braucht, abzulegen und sich als möglicher Regierungspartner anzubieten“, erklärt Tobias Schlitzke, Chefredakteur des Internetportals andere-parteien.de. Heute gehören Umweltschutz und Gleichberechtigung zu den elementaren Bestandteilen im Wahlkampf jeder Partei. „Sowohl die Erfolgsgeschichte, als auch die Wandlung lässt dabei durchaus einen gewissen Vorbildcharakter für andere Kleinparteien zu“, meint Schlitzke.

Etablierte Parteien beobachten die Kleinparteien

Protestparteien, wie es die Grünen zu Beginn waren, gibt es auch heute noch. Zwar schaffte es bislang keine von ihnen in den Bundestag, jedoch konnten auf Länderebene immer wieder kleine Parteien Erfolge verbuchen. Bei den großen Parteien bleibt der öffentliche Zuspruch für einzelne Kleinparteien nicht ohne Beachtung. „Wenn ein gewisses Wählerpotenzial lauert, reagieren die großen Parteien darauf“, weiß Prof. Dr. Uwe Jun, Inhaber des Lehrstuhls für westliche Regierungssysteme an der Universität Trier.  In den letzten Jahren hat vor allem die Piratenpartei großes öffentliches Interesse erhalten. Die Piraten besetzten Themen, die auch in das Parteienbild der Grünen passen. Die Grünen reagierten, indem sie sich mit Forderungen der Piraten auseinandersetzten und sich für diese teils ebenfalls aussprachen. „Oft erkennen etablierte Parteien erst durch Kleinparteien, dass sie ein Thema nicht ausreichend behandelt haben, oder ihm zu wenig Aufmerksamkeit gewidmet haben“, erklärt Prof. Dr. Jun dieses Verhalten.

Damit sich die Öffentlichkeit und große Parteien mit den Forderungen von Kleinparteien auseinandersetzen, bedarf es aber zunächst einmal einen gewissen Bekanntheitsgrad. Viele Parteien scheitern daran, dass sie nur eine zu kleine Wählermasse ansprechen, oder ihre Themen nicht großflächig vermitteln können. „Kleinparteien müssen ein Thema besetzen, das eine breite öffentliche Aufmerksamkeit erfährt“, meint Professor Jun. Auch Kandidaten, die in einem positiven Kontext zu einem bestimmten Thema stehen, können den Erfolg bei Wahlen erhöhen. Welche Partei am Ende wie viele Stimmen erhält, wird sich  erst am 22. September herausstellen. Dann ist nämlich Wahl-Sonntag. Heute sicher gesagt werden kann nur, dass keine Stimme verloren sein wird.

Von Max Frehner

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